Nette Leit mit Hamakom-Direktorin Ingrid Lang – Teil 1
Ingrid Lang ist die Direktorin des Theaters Nestroyhof/Hamakom im 2. Wiener Gemeindebezirk, das sich auf zeitgenössische Stücke und innovative Inszenierungen spezialisiert hat. Sie führt Mordertor Helmut Berg im ersten Teil des Talks durch die spannende und sehr abwechslungsreiche Geschichte des Hauses – und erklärt uns, was es mit einer weggelaufenen Nase auf sich hat, die bald schon eine wichtige Rolle in den Aufführungen im Theater spielen wird.
Nestroyhof mit hellen…
Das Theater Nestroyhof/Hamakom hat eine bewegte Vergangenheit, die eng mit der Wiener Geschichte verbunden ist. Das Gebäude, 1889 von dem Architekten Oskar Marmereck, einem engen Freund von Theodor Herzl, erbaut, diente zunächst als Vergnügungsetablissement und war ab 1899 unter dem Namen “Café Reklame” ein beliebter Treffpunkt für KünstlerInnen der Wiener Szene, wie die Direktorin erzählt. Später entwickelte es sich unter der Leitung von Felix Fischer und Oscar Friedmann zum Intimen Theater, wo auch anspruchsvolle Stücke wie “Die Büchse der Pandora” von Frank Wedekind aufgeführt wurden.…und dunklen Seiten in seiner Geschichte
Eine besonders bedeutende Phase erlebte das Theater in den 1920er Jahren, als es unter Jakob Goldflies zum Aufführungsort der Jüdischen Künstlerspiele wurde. Hier fanden Aufführungen auf Jiddisch und Hebräisch statt, und internationale Künstlergruppen traten auf. Diese kulturelle Blütezeit fand jedoch ein abruptes Ende, als die Gestapo das Theater 1938 schloss und die jüdischen Künstler verfolgt und vertrieben wurden.Das Theater wird zum “Hamakom”
Nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr das Gebäude zahlreiche Umnutzungen, darunter als Kino und später als Supermarkt (sic!). Erst in den 1990er Jahren wurde das Haus von der freien Theaterszene wiederentdeckt. 2009 übernahm der Theatermacher Frederik León das Gebäude und führte es mit großem Engagement wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zu. Seither trägt es den Namen Hamakom, was hebräisch für “der Ort” (genauer: ha Makom) steht, und verweist damit auf die tief verwurzelte Verantwortung gegenüber der jüdischen Geschichte des Hauses. Auch das Programm des Theaters orientiert sich daran.Gogol: Die verschwundene Nase und was es damit auf sich hat
Die Wahl des Stücks für die Eröffnungspremiere 2024/2025 fiel auf das Stück “Die Nase” des russischen Dichters Gogol. Lang ist sich der absurden und komischen Geschichte um einen Mann, der seine Nase verliert und diese auf einer surrealen Reise durch die Stadt sucht, durchaus bewusst. Die Nase wird wiedergefunden, hat sich aber emanzipiert und läuft daher weg. Das Stück bietet also nicht nur Unterhaltung, sondern auch eine tiefere, rätselhafte Symbolik, die zum Nachdenken anregen soll. Übrigens zeigen wir im Talk auch Ausschnitte aus dem interessanten Stück.Doch wie ist Ingrid Lang über ihren bemerkenswerten Werdegang zur Direktorin des Theaters geworden? Und wie geht sie mit der momentanen Situation in Sachen Antisemitismus um – und hat das Auswirkungen aufs Theater? Sie erfahren es im zweiten Teil von Nette Leit – seien Sie wieder mit dabei!